
In den letzten Tagen und Wochen habe ich hunderte Statements und Botschaften unserer Leader in Politik und Wirtschaft gelesen und gehört. Da wird von Verantwortung, Zusammenhalt, Familie usw. schwadroniert. 80 % davon sind derartig scheinheilig, peinlich und so durchschaubar inszeniert, dass ich mich wirklich frage für was diese Leute bezahlt werden. Ganz wenige haben eine Strategie…oder gar ein Bild, was nach der überschaubaren Krise sein könnte. Es ist die Zeit von politischen Populisten, und psychopatischen Gestalten in der Wirtschaft, die sich in der Krise besonders durch andauerndes hektisches Tun zeigen. Erstaunlich ist es auch, wie still gerade die Sozial- und Wirtschafswissenschaften sind. Aus den Pilgerstätten der Eliten Harvard, London, MIT, usw. kommt gerade wenig, außer den altbekannten Nummern was Management in einer Krise tun muss. Das sind Basics! Wie immer entsteht das Neue nicht an solchen Orten und Zentren, es entsteht an ganz anderen unscheinbaren inneren und äußeren „Orten“.
In diesen Tagen bekam ich daher auch mehr als 700 x einen Artikel von Matthias Horx zugesendet (www.horx.com/48-die-welt-nach-corona). Vermutlich hat ihn der eine oder andere auch gelesen und weiterempfohlen. Er befasst sich mit der Zeit nach Corona. Dabei verwendet er eine Methode, die ursprünglich von Otto Scharmer im Rahmen seiner Theorie U entwickelt wurde. Dabei geht es um den Blick zurück aus der Zukunft. Warum senden diesen Artikel so viele Menschen weiter? Warum finden so viele diesen Artikel gut?
Darin wird eine neue, bessere Welt
beschrieben, nach der wir uns wohl fast alle sehnen. Diese relativ kleine Krise
im Kontext der von uns befeuerten drei großen anstehenden Krisen (wenn wir
nichts verändern) auf diesem Planeten hat sehr vieles verändert und möglich
gemacht. Hoffentlich wird diese „Krise“ tatsächlich auch in den Köpfen und im
Verhalten tiefe Spuren hinterlassen und vieles wird danach anders sein, wie es
Horx beschreibt. Dies wäre eine große Chance, die wir nutzen könnten, oder auch
nicht. Es gibt Momente in der Geschichte der Menschheit, in denen die Zukunft
ihre Richtung drastisch ändert. Die Experten sprechen von Tipping Points, Bifurkationen,
Tiefenkrisen. Wir sind gerade mitten in einer solchen Phase. Die bestehende Welt
verformt sich in eine andere. Die Leader dieser Welt könnten das im Großen tun.
Dazu hat der Franzose Thomas Piketty nach seinem Weltbestseller «Das Kapital im
21. Jahrhundert» ganz aktuell ein neues Buch
vorgelegt. Sein Werk «Kapital und Ideologie» wäre eine seriöse Analyse und ein
Handlungsfaden für Politiker, wenn sie wirkliche Verantwortung für die Zukunft
übernehmen wollen. Das wird vermutlich nicht passieren.
Wir müssen aber nicht auf die Strategien der Politik oder der großen Unternehmen warten. Jeder von uns kann diese Krise nutzen, um eine neue Welt mitzugestalten. Was können wir…kann jeder dafür tun? Wir könnten uns in der Politik engagieren, und im Sinne Pikettys eine neue Bewegung gründen usw. Das wäre eine große Sache. Weniger spektakulär aber nachhaltiger ist es vermutlich, wenn wir uns auf uns konzentrieren und versuchen in uns und um uns Dinge zu verändern, die uns voranbringen und diesen Planeten zu einem würdigeren machen. Es wäre sozusagen ein schöpferisches Voranschreiten des Neuen.
Ich denke, dass es realistischer ist und mehr bringt, wenn wir uns die Welt als etwas vorstellen, das sich gleichzeitig in verschiedenen Geschwindigkeiten entwickelt und verändert. Mode und Einzelhandel verändern sich sehr schnell. Natur und Kultur ändern sich langsam. Menschen verändern sich meist ganz langsam. Noch dazu gibt es bei den Menschen verschiedene Evolutionsstufen. Trends wie Digitalisierung zerstören altes und bringen neues hervor, oft rasend schnell. Politik versucht das alles irgendwie zu steuern, manchmal zu hastig, oft zu träge meist in einem eher gemächlichen Tempo. Lobbyisten, Meinungsmacher und Medien treiben uns alle vor sich her, wechseln ihre Meinungen von heute auf morgen auf der Jagd nach der neuesten Schlagzeile, der neuesten Empörung.
Achtsamkeit, Tiefe und Verantwortung scheint diesen Gestalten fremd zu sein. Das Ergebnis ist eine hysterische Gesellschaft. Weil wir vor allem auf die vermeintlich schnell ändernden Dinge konzentriert werden, vergessen wir die wahre Kraft der Evolution, die in der langsamen und tiefen Veränderung liegt. Das ist die Strategie der Natur, des Lebens. Einer meiner Lieblingsorte ist eine über 220 Millionen Jahre alte Schlucht in den Dolomiten. Wenn ich durch diese Schlucht gehe, langsam gehe, kann ich Millionen Jahre Evolution sehen, atmen, spüren, riechen, fühlen, kosten. Das Ergebnis ist Demut vor der Schöpfung. Es ist die nachhaltigste effektivste und sicherste Art der Transformation. Das würde aber bedeuten, dass wir uns ständig ein wenig ver-ändern müssen, aber in einem natürlichen und eigenen Tempo. Wir Menschen versuchen oft die Dinge komplett zu drehen und dann drehen wir alle im wahrsten Sinne des Wortes durch. Wenn wir lernen kleine und machbare Sachen zu verändern, wird sich alles verwandeln. Dazu müssten wir aber, wie der Hirnforscher Gerald Hüther es nennt, ein Anliegen haben. Ein Anliegen ist kleiner als eine Vision…aber deutlich bewegender als Ziele. Ein Anliegen ist etwas, was einem unter die Haut geht…einen selbst und damit auch andere berührt und bewegt. Ich denke ein gemeinsames Anliegen könnte es sein, diese Welt den nächsten Generationen so zu hinterlassen, dass sie eine gesunde und lebenswerte ist. Sonst wird die Zukunft nicht so werden, wie sie Matthias Horx für den Herbst 2020 beschreibt. Wenn wir wirklich dafür etwas tun, dann ist uns ein toller Platz in den Geschichtsbüchern sicher. Dazu sollten wir in einem ersten Schritt einige Dinge verändern.
Damit verbunden nun die Einladung zu einem Experiment mit dem jeder sofort beginnen kann, wenn er einen guten Platz in der Geschichte möchte. Ich habe versucht aus vielen seriösen Studien und Büchern, die es seit 10 Jahren gibt, die wesentlichen Ergebnisse zu verdichten und diese auf die Handlungsmöglichkeiten eines jeden einzelnen herunterzubrechen. Wenn wir unseren Enkelkindern und uns eine lebbare Zukunft hinterlassen wollen, sollten wir folgende 10 Dinge verändern:
- Den Fleischkonsum um 90 % reduzieren.
- Den Konsum von Milchprodukten um 60 % reduzieren.
- Jeder fliegt nur noch 2 x im Jahr.
- Jeder fährt nur noch 4.000 km mit dem Auto im Jahr.
- Kein Konsum von in Plastik verpackten Dingen oder Produkten, die Plastik enthalten.
- Tägliches, integrales Meditieren zwischen 30 und 45 Minuten.
- 3 x pro Woche gehen (ideal im Wald) von 6.000 – 10.000 Schritten.
- Andere Menschen wie Subjekte und nicht wie Objekte behandeln.
- Er-finden eines individuellen Anliegens, für das es sich lohnt zu leben.
- Er-leben möglichst vieler Overview Effekte.
Wer an diesem Experiment teilnehmen möchte (übernimmt tatsächlich Verantwortung für die Zukunft) meldet sich bitte bei uns im Office unter dem Stichwort „Experiment Viable Future“. Mein Anliegen ist es herauszufinden, wie sich das individuelle Leben verändert, wenn wir versuchen diese 10 Themen möglichst konsequent umzusetzen. Das Experiment soll 365 Tage dauern. Als Methode dazu möchte ich auch den Blick aus der Zukunft verwenden. Der erste Teil des Experiments ist es also, Szenen aus Ostern 2021 zu beschreiben, wie die Welt dort ist, wenn ihr die 10 obigen Punkte umgesetzt habt. Als Vorlage/Anleitung ist der Artikel von Horx gut geeignet. Ich bitte Euch dazu mir Ostern 2021 in einer Rede so zu beschreiben, wie es für Euch Rückblickend sein wird. Es kann auch ein 7-minütiges Video, oder ein 7-minütiger Podcast sein, der Eure Situation zu Ostern 2021 beschreibt. Bitte die Rede, das Video, den Podcast 2. Mai an mich senden. Zeit ist genug es gibt keine Ausreden. Monatlich bekommt ihr dann per Mail eine kleine Erinnerung und eine Struktur, um kurz zu notieren, was ihr diesen Monat geschafft habt und Euch für nächsten Monat vornehmt. Das Experiment startet mit 7. Mai.
Christian